Unserem Comenius-Projekt liegt das Konzept EXPERIMENTELLE ARCHAIK, abgekürzt EXARCH, zugrunde. Es ist eine Erfindung des Essener Designers und Musikers Werner Meuer. Er nimmt damit Bezug auf eine Untersuchungsmethode aus der Archäologie. In dieser wissenschaftlichen Disziplin versucht man auf experimentellem Wege Sachverhalte von besonderem Interesse zu erforschen. Archäologen versuchen z. B. durch Experimente heraus zu finden, wie ausgegrabene Gegenstände hergestellt wurden.

 

Mit dem Kunstkonzept EXARCH nimmt Werner Meuer ganz besonders den Rhythmus in den Blick. Ihn interessieren die Urformen des Rhythmus. Dabei beruft er sich auf den Mathematiker Roger Penrose, der in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts die "Quasiperiodische Flächen- parkettierung" entdeckte. Penrose bewies mathematisch, dass sich durch eine kleine Auswahl unterschiedlicher geometrischer Figuren ("Patterns") eine unendliche Fläche lückenlos ausfüllen lässt. Auf dem sog. "Penrose-Parkett" wiederholt sich die Musteranordnung einzelner Flächenstücke niemals.

Der Bezug zum Rhythmus ist folgender: Trommelrhythmen in aller Welt folgen den Ordnungsprinzipien der Aneinanderreihung, Überlagerung und Verschiebung einzelner oder mehrerer Trommelpatterns (Trommel- figuren). Griots, hoch angesehene Chronisten in Afrika, erzählen mit musikalischer und rhythmischer Begleitung die Geschichte ihres Volkes. Der begleitende Rhythmus spiegelt das Erzählte. Wie beim "Penrose-Parkett" wiederholt sich die Anordnung der einzelnen Patterns niemals.

 

Eine weitere Grundidee des EXARCH-Konzeptes ist Meuers These, dass unsere Weltauffassung rhythmischer Natur ist. Im Erfassen unserer Umwelt, im Erfassen der persönlichen und sozialen Verhältnisse, bilden Lebewesen Kategorien. Die Strukturen dieser komplexen kategorischen Systeme gleichen rhythmischen Systemen; sie sind rhythmischer Natur. Durch die Beschäftigung mit Polyrhythmen findet man einen Zugang zu dieser Systematik. Die manuelle Tätigkeit (z. B. beim Bau der Instrumente, beim Trommeln) wirkt der Entfremdung von rhythmischen Bewegungen und Abläufen entgegen. Die Erfahrungen beziehen sich aber nicht nur auf den Einzelnen, sondern auch auf die Gemeinschaft. Gefördert wird ein integrativer Prozess; die Integration ist individuell und sozial.

 

Rhythmus hat bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Eingang in die Pädagogik gefunden. Herausragende Vertreter waren Carl Orff und Reinhard Flatischler. Werner Meuer knüpft daran an. Das Erlernen des Trommelspiels, insbesondere das Trommelspiel alten Ursprungs, und die Beschäftigung mit den damit verbundenen Umständen eignen sich bestens, die Andersartigkeit fremder Kulturen kennen zu lernen oder Musik aller Kulturen zu begleiten. Darüber hinaus wird auf kurzweilige Art und Weise motorische Sicherheit erlangt und Gruppendynamik zwanglos und mittelbar erlebt. Jeder findet seinen persönlichen Platz.

 

© Text: Werner Meuer / Redaktionelle Bearbeitung: Dr. R. Bahr

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